Die Welt – Profile of Mark Donfried and the Institute for Cultural Diplomacy

Die Welt (German National Newspaper) - April 24th, 2003; Learn more about the Institute for Cultural Diplomacy at www.culturaldiplomacy.org
  April 24th, 2003

American Mark Donfried Founds the Institute for Cultural Diplomacy - A Portrait by Silvia Meixner

Seine Sätze schlagen Kapriolen, laufen scheinbar mit den nächsten Gedanken und jenen des Gegenübers um die Wette – es erfordert Konzentration, mit Marc Donfried ein Gespräch zu führen. Als Schnellsprecher hätte er es früher im “Wintergarten” vielleicht zu einer passablen Karriere gebracht. Die Welt des Varietés braucht keine Schnellsprecher mehr. Die Welt der Diplomatie Schnelldenker umso mehr.

Und plötzlich ist es wieder da, jenes fast vergessene Nach-Wende-Gefühl, als man in dieser Stadt Wörter wie Pleite oder Rezession zwar kannte, aber nur vom Hörensagen. Es waren diese herrlichen Jahre, in denen man mit harmlosen Geschäftsideen, für die man heute nicht einmal mehr einen 1000-Euro-Kredit bekommen würde, binnen Stunden, zumindest schon mal in Gedanken, an die Börse ging. In einem Einzimmerbüro im Prenzlauer Berg sitzen Marc Donfried, Gründer des Institute for Cultural Diplomacy und seine freien Mitarbeiter. 30 Quadratmeter Altbau, fünf Schreibtische, allesamt Geschenke von netten Menschen. Auch in Paris, Los Angeles und New York unterhält das Institut Büros. Die Computerinstallationen sind, wie der Institutsgründer stolz erzählt, selbst gebastelt.

Demnächst soll ein zweites Zimmer dazukommen. Die Mitarbeiter freuen sich schon, endlich ist dann für alle Platz (derzeit können nie alle gleichzeitig arbeiten). Dutzende Bewerbungen liegen vor, meist von Studenten, die die Idee einfach gut finden. Geld gibt es keines, die Mitarbeit ist ehrenamtlich.

Das Ziel des ICD: Dialoge fördern, Kongresse veranstalten (die ungarische Botschaft unterstützte im vergangenen Jahr die erste große Veranstaltung), Netzwerke zwischen Kultur und Diplomatie aufbauen, ausbauen, nutzen. Es ist der alte, ewig junge Traum, die Welt zu verbessern. John F. Kennedys Satz “Frage nicht, was dein Land für dich tut, sondern frage, was du für dein Land tun kannst” als Leitsatz. Das Vorbild ist hoch gesteckt: Ein bisschen wie das renommierte Aspen-Institut möchte man sein. Bislang gab es Veranstaltungen zu Themen wie “A Clash of Civilizations” , da wurden die Brücken zwischen den Kulturen in einer globalen Welt diskutiert. Ein anderes Mal die Rolle der Kultur in den französisch-amerikanischen Beziehungen im 20. Jahrhundert. Es kommt immer darauf an, welche Redner man zu den Themen einlädt. Das dürfen dann ruhig auch jüngere Menschen sein, die neue Ideen haben. “Man darf die nächste Generation nicht vergessen”, sagt Marc Donfried. Und: “Wir können die Welt nicht retten.” Aber den Versuch ist es doch immer wieder wert. Natürlich klingen Sätze wie “Wenn wir uns mehr mit Kultur beschäftigten, gäbe es vielleicht keinen Krieg” ein wenig banal. Aber wenn man daran glaubt, gewinnen sie an Kraft. Und wer nicht daran glaubt, muss schließlich nicht mitmachen. Marc Donfried ist 24 Jahre alt, sagt: “Demnächst werde ich 25.” Es klingt nach: Endlich werde ich 25. Als ob es ein magisches Alter wäre. Eines, in dem man endlich nicht mehr verwundert gefragt wird: Wie alt sind Sie? Und Sie haben tatsächlich ein Institut gegründet?

Mark Donfried hat das ICD im Jahr 1999 initiiert. Anfangs ging er jeden Abend aus. Wie jeder Neuberliner. Besessen von der Idee, dass man in einer großen Stadt viele Kontakte braucht. Heute sieht er das gelassener. Im Mai treffen sich im Rahmen des “Youth Forum” in Korea junge Menschen aus aller Welt, Die haben große Ideen, aber leider wenig Geld. Weshalb Marc Donfried am 7. Mai ein Benefizkonzert veranstaltet. Im Löwenpalais im Grunewald bittet er zu “Classic meets Jazz” (www.culturaldiplomacy.org). Wer 40 Euro Eintritt bezahlt, unterstützt junge Mitstreiter Donfrieds, das Geld ist für die Reisekosten.

Mark Donfried ist in New York aufgewachsen, hat europäische Geschichte und politische Wissenschaften studiert. Seine Großeltern kommen aus Deutschland, sein Vater ist Theologieprofessor, seine Mutter Krankenschwester. Als Kind wollte Mark Donfried Architekt werden. Während des Studiums arbeitete er in den Sommermonaten als Chauffeur in der Schweiz. Bei Leuten, die Geld hatten, gleichzeitig verbesserte er seine Deutschkenntnisse.

Geld ist beim Institute of Cultural Diplomacy immer knapp. Vieles beruht auf Tauschgeschäften: Hotels stellen zum Beispiel Räume zur Verfügung, als Gegenleistung steht ihr Logo dann auf der Einladung zum Diskussionsforum. Ein Sponsor wäre schön. Vor fünf Jahren wäre das kein Problem gewesen. Aber leider: Die goldenen Zeiten sind vorbei.